Förderungen, (Un-)Abhängigkeit, Demokratie, Verantwortung

Wegen der verschiedensten großen Geldausausgaben muss gerade auf allen Ebenen gespart werden. Privat und in den öffentlichen Kassen. Oft wird der Rotstift bei Förderprojekten im sozialen und kulturellen Bereich angesetzt – mit dem entsprechenden Aufschrei der Betroffenen. Total verständlich. Und ich fänd auch wirklich schlimm, wenn viel wegfällt, schließen muss oder verloren geht. Aber gibt es nicht auch die Do-it-yourself-Lösung? Geht in Deutschland ohne Förderungen nichts mehr?

Vor Jahrhunderten wurden die Fugger gelobt, weil sie die erste Sozialsiedlung stifteten. Privat. Aus Eigeninitative. Ohne staatliche oder städtische Förderung. Natürlich gab es dort ein „unten“ und „oben“. „Oben“ meinte Entscheidungen treffen, Verantwortung haben und „unten“ sich in die gegebenen Regeln fügen, gehorchen, aber eben auch „keine Verantwortung tragen müssen“ und auch „nicht über den Tellerrand hinausdenken müssen“. Stiftungen gibt es bis heute. Erst mit dem Tod des Stifters „regiert“ sozusagen der Stiftungsvorstand, nicht mehr der Stifter selbst, es sei denn er verfügt es schon vorher anders. Dann ist der Stiftungsvorstand oder ein anderes Stiftungsorgan „oben“.

Wenn man die Menschen in Deutschland fragt, wollen die meisten heute allerdings statt „Oben“ und „Unten“ lieber „Auf Augenhöhe“. Das ist z.B. in Vereinen oder Genossenschaften gegeben, die demokratisch abstimmen. „Auf Augenhöhe“ hat also mit Demokratie zu tun. Wenn wir „auf Augenhöhe“ wollen, dann brauchen wir immer auch Menschen, die die Verantwortung haben wollen und über den Tellerrand schauen wollen. Mit aussschließlich Leuten, die sich in die schon aufgestellten Regeln fügen wollen, kommt kein Verein und keine Genossenschaft aus.

Wir haben das Glück, nur Betriebskosten und Verbrauchsmaterial zahlen zu müssen. Damit ist der Geldbedarf erheblich reduziert, auch die Verantwortung über Geld reduziert. Aber über das Bisschen, was wir brauchen und einnehmen, muss trotzdem irgendjemand entscheiden und andere müssen diese Entscheidung anschließend mittragen. Und wir hoffen, dass dieses Mittragen freiwillig und aus Einsicht ist, nicht auf „sich beugen“ oder „gehorchen“ beruht.

Bisher haben wir dennoch noch immer nicht genug Vereinsgründungswillige gefunden. Wer mag Verantwortung übernehmen? Manche haben abgelehnt mit der Begründung „Ihr wollt doch ohnehin keine Förderung beantragen“. Verantwortungsübernahme nur bei Förderung? Ich hatte mehr an „gemeinsam Verantwortung für das Projekt tragen“ gedacht.

Keine Förderung und „aus eigener Kraft“ macht unabhängig. Verantwortung wird man damit nur nicht los. Wo führt es hin, wenn alle zwar unabhängig sein wollen, auf Augenhöhe, vielleicht das auch geradezu verlangen, aber keine festen Zusagen machen oder nicht zuverlässig sind, letztlich keine Verantwortung tragen wollen. Zu Anspruchshaltung und Mitnahmementalität, finde ich. Beides lehne ich klar ab.

Wie seht Ihr das?

Geht es nicht vielmehr darum zu schauen, was wir für Fähigkeiten haben? Zu schauen, was wir persönlich jeweils beitragen können? Nach dem Motto: Wer, wenn nicht ich?

Das Ziel

„Guten Tag“, sagte der kleine Prinz.

„Guten Tag“, sagte der Kaufmann. Es war ein Unternehmer, der mit durststillenden Tabletten handelte. Nahm man eine wöchentlich ein, spürte man kein Bedürfnis mehr zu trinken.

„Warum verkaufst Du soetwas?“, fragte der kleine Prinz.

„Das bringt enorme Zeitersparnis: 53 Minuten, haben die Fachleute errechnet.“

„Und was macht man mit diesen 53 Minuten?“

„Man macht, was man möchte.“

„Wenn ich 53 Minuten frei hätte, würde ich ganz gemütlich zu einem Brunnen laufen.“

(freie Übersetzung des Kapitels 23 aus
„Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry)


Ich wünsche uns allen, diese Gelassenheit und dass wir erkennen, was WIR mit unseren 53 Minuten gerne machen. Tatsächlich haben wir ja nicht nur 53 Minuten, sondern 24h und das sogar jeden Tag wieder! Genau deshalb schreibe ich nicht „machen würden“! Denn wir HABEN die Zeit!

Fachleute sagen, dass wir in Deutschland gegenüber dem Wert von 1950 eine Stunde am Tag weniger Zeit mit Essen verbringen und gegenüber 1970 sogar eine Stunde weniger schlafen.

Ob das so erstrebenswert ist?

Vielleicht ist richtiges Ausschlafen und ein gemütliches Essen – vielleicht in Gemeinschaft in unserem Haus – meine 53 Minuten ja doch wert.

Oder was wählst Du ganz persönlich?

Und: Wertschätzt Du diese Entscheidung auch am nächsten Tag noch? Stehst Du dazu, wie Du bist, was Du wählst? Bist Du zufrieden mir Dir? War es gestern (oder beim letzten Mal) der Schritt in die richtige Richtung? In die Richtung, wie Du sein und leben möchtest?

Ich wünsche es Dir von Herzen:

Lebe heute ein kleines Stück von Deinem Traum!

Zeit haben – keine Zeit haben – Zeit wofür?

In letzter Zeit höre ich immer häufiger den Satz: „Ich hab keine Zeit“ – meist leider für zwischenmenschliche Begegnungen oder im Zusammenhang mit „Ich find Eure Angebote ja super; aber ich hab leider keine Zeit zu kommen“. Das finde ich nicht nur schade, (sowohl für uns und die/denjenige(n)) sondern auch ungesund: Denn Menschen sind Herdentiere.

Meiner Meinung nach ist „keine Zeit haben“ eine reine Frage der Prioritätensetzung. Wir alle haben genau 24h und das jeden Tag. (Übrigens sehr demokratisch. Jeder hat gleich viel Zeit!) Wenn wir darin uns nicht mehr treffen können, „keine Zeit mehr füreinander haben“, dann heißt das, dass uns Unterschiedliches in unseren Leben wichtig ist, wir deshalb nicht überein kommen. Wir sind alle sehr unterschiedlich, das ist klar. Und unsere Gesellschaft und diese Zeit geben uns auch jede Chance immer unterschiedlicher zu werden.
Wir nehmen in Kauf, keine Zeit mehr zu Begegnungen zu haben, dafür, dass wir Anderes gewinnen. Oder wir schieben Begegnungen auf, weil wir Angst vor etwas haben, was in dieser vermiedenen Begegnung passieren könnte.

So vereinzeln wir in Deutschland – und allen westlichen Industriestaaten – immer mehr. Neulich habe ich mal eine Auflistung der Tendenzen unserer Zeit gelesen; eine davon war: Unsere mitmenschlichen Beziehungen gehen kaputt. Das hat mich sehr schockiert, denn das halte ich für „nicht zukunftsfähig“. Wohin führt das?

Vor einiger Zeit sprach ich eine Frau mittleren Alters, die schwer krank gewesen war, die Krankheit aber überwunden hat. Sie sagte: „Ich kenne keinen, der so ein „zweites Leben“ geschenkt bekommen hat, der nicht jetzt (im zweiten Leben) anders lebt, jeden Tag genießt und viel, viel mehr Wert auf Beziehungen legt“. Auch das hat mich nachdenklich gemacht. Und dann las ich noch den folgenden Jugendlichenspruch auf einem T-Shirt: „Ich habe keine Zeit darüber nachzudenken, was ich hier eigentlich mache, bevor ich sterbe“.

Die Frage an jeden Einzelnen ist also:

Wohin geht meine Zeit und entspricht diese Zeitaufteilung wirklich meinen Prioritäten?

Wenn ja: Dann ist alles gut und ich brauche nichts zu ändern und kann vielleicht in dem Bewusstsein zufriedener und sogar entspannter leben.

Wenn nein: Dann ist schleunigst was zu ändern, damit ich mein eigenes Leben nicht verschwende und zufrieden sein kann mit mir jetzt und am Ende.